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Lendzinska

Aleksandra Lendzinska

Wissenschaftlicher Werdegang

10/2014 - 09/2015
Stipendiatin/Gastdoktorandin im Graduiertenkolleg "Materialität und Produktion"
2011 - 2014
wissenschaftliche Hilfskraft an der Universität Sorbonne-Nouvelle - Paris 3
seit 2011
Doktorandin im Co-tutelle-Verfahren an der Universität Sorbonne Nouvelle - Paris 3 und der Paris-Lodron Universität Salzburg
2010
Abschluss des Magisterstudiums an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau mit der Fächerkombination Romanistik und Neuere und Neuste Geschichte

Abstract des Dissertationsprojektes

Herta Müller. Die Metapher des Unsagbaren
Im Mittelpunkt des Dissertationsvorhabens steht der Roman "Atemschaukel" (2009) von Herta Müller, zu dem es bis dato noch keine wissenschaftliche Monographie gibt.
Herta Müllers einziger Roman, der in Zusammenarbeit mit dem Zeugen, Lyriker und "Oulipianer" Oskar Pastior entstanden ist, handelt vom Arbeitslager Nowo-Gorlowka in der ehemaligen UDSSR. Die Zeugenaussagen des Lyrikers werden 60 Jahre nach dem Geschehen vom Protagonisten Leopold Auberg nacherzählt und sprechen somit das Problem von Zeugnis und Fiktion direkt an.    In Zusammenarbeit mit dem Lyriker sind eine Reihe unterschiedlicher Neologismen entstanden: Hungerengel, Atemschaukel, Herzschaufel, die nach Paul Ricœur als lebende Metaphern qualifiziert werden können.
Die Metapher als bildliche Darstellung stellt das Bild in Relation zum Zeugen, für den das Auge das Wahrnehmungsorgan ist, welches davon zeugt, was erfahrbar gemacht wurde. Die psychische Beschädigung des Lagers drückt sich durch die Wiederkehr einzelner Bilder aus. Die "Flashbacks" spalten die Persönlichkeit, sodass der Protagonist in einer doppelten Welt lebt. Schreibweisen des Traumas werden mit den Metapherntheorien von Paul Ricœur und Ludwig Wittgenstein zusammen gedacht und bilden die Grundpfeiler der Untersuchung.
Die auf erlebte Begebenheiten gründende, erfundene Wahrnehmung Herta Müllers lässt das Bild als Spur zurück. Literatur legt somit Zeugnis ab, indem sie die Metapher als literarisches Stilmittel in den Vordergrund der Zeugenschaft stellt. Die Schriftstellerin, als Nicht-Zeugin verrückt den Blick auf das bisherige Verhältnis von Zeuge und Zeugnis. Nicht mehr der Zeuge als Produzent steht als Garant für ein authentisches Zeugnis, sondern das literarische Produkt, das auch als ein referenzieller Aspekt von "oulipotischer" Schreibweise zu lesen ist, bei dem die literarische Form ("contrainte") im Zentrum des Schreibens steht. Es wird zu zeigen sein, dass die "contrainte" als Sprachspiel der Moderne zum Zeugnis der Moderne wird.
Zu fragen ist weiterhin, wie es der Autorin als sekundärer Zeugin gelingt, aus einer Reihe intertextueller Referenzen (Pastior, Semprun, Celan) Material zu schöpfen, um sich in das Untersuchungsfeld zum kollektiven Gedächtnis (Assmann) der Shoah- und Lagerliteratur einzuschreiben.
Der Roman, wie sich herausstellen wird, wird bei der Untersuchung als Sattelplatz im Gesamtwerk der Autorin betrachtet und wirft somit neue Fragen auf, die bisher stark aus den politischen Umständen der kommunistischen Diktatur in Rumänien, in der die Autorin aufgewachsen ist, und weniger aus der Shoah-und Lagerliteratur heraus analysiert wurden. Er dient gleichzeitig als Ausgangspunkt, um auf die bisherigen Konzepte zur Gattung der Autobiographie in der Shoah- und Lagerliteratur wie Trauma, die Vermittelbarkeit des Unsagbaren, "Oulipo", Imagination und Fiktion, die zum Diskurs der Zeugenschaft den Rahmen bilden werden, einzugehen.

Kontakt
a.lendzinska(at)gmail.com

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