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Dolata

Kristina Dolata

Wissenschaftlicher Werdegang

04/2012 - 03/2016
Stipendiatin im Graduiertenkolleg "Materialität und Produktion"
Wintersemester 2011/2012
Studium des Kommunikationsdesigns an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin
Sommersemester 2002 - Sommersemester 2011
Studium der Kunstgeschichte, Philosophie und der Historischen Hilfs- wissenschaften an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br., am University College London und an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Abstract des Dissertationsprojekts

Illusion und Materialität. Falconets Skulpturen und die ästhetischen Diskurse der Aufklärung
Die seit der Antike vertretene Position, dass die lebendige Erscheinung einer dargestellten Figur das höchste Qualitätsmerkmal einer Skulptur sei, wurde in der französischen Kunstkritik zur Mitte des 18. Jahrhunderts auffallend häufig formuliert.(1) Besonders der im damaligen Sentimentalismus virulente Anspruch der Rührung des Betrachters begründete die Forderung nach mimetischer Genauigkeit der Darstellung, galt doch die Illusionserzeugung als Grundbedingung für eine einfühlende Werkbetrachtung.(2)
Dem fiktiven Transzendieren des Materials in der Einbildungskraft des Betrachters stand jedoch mindestens bis zur Jahrhundertmitte ein traditionell geprägtes Materialverständnis gegenüber. Vor allem bei der Verwendung minderwertiger Materialien wurde der künstlerische Werkstoff lediglich als bedauerlicherweise sichtbarer Träger einer Form angesehen. Im Falle hochwertiger Materialien wie Marmor und Bronze stellten Werkbetrachtungen in der Regel die bildhauerische Leistung einer scheinbaren Überwindung des Materials in den Vordergrund, die letztlich weniger mit einer Einfühlung in die Situation der dargestellten Figur einherging, sondern vorrangig als ästhetische Rezeption beschrieben werden kann.(3)
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts ist dann - vor allem und in diesem Kontext zuerst bei Denis Diderot - eine vermutlich durch materialistische Theorien beförderte positive Rezeption der Materialität des Werkstoffes figurativer Darstellungen bzw. der Genuss eines ästhetischen Wechselspiels zwischen Fiktion und Kunstwerkwahrnehmung nachweisbar.(4) Die Materialität der Bildwerke wird infolgedessen in einer einfühlenden Werkbetrachtung nicht mehr notwendigerweise negativ belegt, sondern auf das Engste mit ihr verknüpft. Wie bildhauerische Werke dieses ästhetische Spiel aktiv beförderten und wie sich durch eine solche Rezeptionsweise das bildhauerische Ideal und die bildhauerische Arbeit verändern konnten, wird in der Dissertation untersucht.
Methodisch ist die Arbeit als Diskursanalyse zum Themenfeld von Illusion und Materialität angelegt, wobei gleichermaßen die zu analysierenden Kunstwerke, die zeitgenössischen Kritiken sowie die von damaligen Theoretikern formulierten Überlegungen als Diskursbeiträge untersucht werden. Dabei soll nicht nur die Frage nach der Entwicklung einer materialistischen Ästhetik im siècle des lumières behandelt werden, sondern auch, inwiefern sich in der Aufklärung eine vom Materialismus geprägte, bildhauerische Praxis entwickeln konnte, durch die sich das traditionelle Verhältnis von Form und Material sichtbar verändert zeigt.
Im Mittelpunkt der Arbeit steht das Oeuvre Etienne-Maurice Falconets, der seine Skulpturen und Modelle zwischen 1745 und 1766 im Pariser Salon ausstellte, u.a. mit Diderot korrespondierte, eigene Schriften verfasste und sich selbst zu den Encyclopädisten zählte. Vor allem hinsichtlich der Frage nach der Sichtbarkeit einer produktiven Materialästhetik werden darüber hinaus Werke Jean-Baptiste Pigalles und Jean-Antoine Houdons eingehender besprochen. 

(1) Vgl. Aurélia Gaillard, Le corps des statues. Le vivant et son simulacre à l’âge classique (de Descartes à Diderot), Paris 2003.
(2) J. Kloss-Weber, Individualisiertes Ideal und nobilitierte Alltäglichkeit. Das Genre in der französischen Skulptur der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, Berlin 2014.
(3) Vgl. die zusammengestellten Quellen bei G. Scherf, „Man sieht nur die Natur, die atmet“: die kritische Rezeption der von den französischen Bildhauern des 18. Jahrhunderts verwendeten Materialien, in: Ausst.-Kat. Liebieghaus: Houdon. Die sinnliche Skulptur, Frankfurt 2009, S. 125-143.
(4) Vgl. K. Münchberg, Materialität und Repräsentation bei Diderot, in: T. Strässle u.a. (Hg.), Poetiken der Materie, Freiburg 2005, S. 263-281. 

Kontakt
kristina.dolata(at)hhu.de

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